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Entstehungsgeschichte des Vademecums

Entstehungsgeschichte des Vademecums. In: Vademecum Anthroposophische Arzneimittel. 5. Aufl. München: Verlag der Gesellschaft Anthroposophischer Ärzte in Deutschland; 2024. DOI: https://doi.org/10.14271/de05-p16.

Entstehungsgeschichte des Vademecums

Ärztliche Erfahrungsberichte und eine unabhängig arbeitende Redaktion – Grundlagen des Vademecums

Ausgangspunkt dieses Werkes war eine strukturierte, internationale Befragung anthroposophischer Ärzte in deutscher und englischer Sprache, die gemeinsam mit der Internationalen Vereinigung Anthroposophischer Ärztegesellschaften (IVAA) in den Jahren 2006 und 2007 durchgeführt wurde. Darin wurden erfasst:

  • Eine Indikation eines anthroposophischen Arzneimittels (nur in Ausnahmefällen der Kombination von zwei, maximal drei Arzneimitteln),
  • die Sicherheit, mit der die Wirksamkeit des Arzneimittels bei dieser Indikation beobachtet werden konnte (Häufigkeit der Anwendung, Grad der subjektiven Evidenz der Wirksamkeit),
  • Angaben zur Dosierung, ggf. Kinderdosierung,
  • Hinweise zur Wirksamkeitsbeurteilung (Zeitpunkt, Kriterien) und Therapiedauer,
  • Hinweise zu Nebenwirkungen, Kontraindikationen, notwendigen begleitenden Maßnahmen,
  • Hinweise auf wissenschaftliche Publikationen/Literatur.

Alle eingesandten Fragebögen wurden von der Vademecum-Redaktion, einer unabhängigen internationalen Expertenkommission unterschiedlicher Fachrichtungen in der Anthroposophischen Medizin, ausgewertet und gemeinsam Zeile für Zeile geprüft, kritisch hinterfragt, durch Rückfragen korrigiert, ergänzt oder als nicht publikationsreif zurückgestellt. Nach Erscheinen der 1. deutschsprachigen Auflage 2008 wurden fortlaufend weitere Berichte von der Redaktion ausgewertet und in der 2. Auflage 2010 und 3. Auflage 2013 publiziert. Seit 2009 lag die 1. Auflage auch in englischer Sprache vor (2. Auflage 2017), was die internationale Beteiligung wesentlich erleichterte. Im Jahre 2010 erschien die 1. Auflage der italienischen Übersetzung (2. Auflage 2015), 2012 die französische und 2016 die spanische Übersetzung.

Ein wichtiger Schritt in der Weiterentwicklung des Werkes erfolgte 2013 durch die spezifische Erhebung von Erfahrungsberichten zur onkologischen Therapie mit Viscum album mittels eines neu konzipierten Fragebogens. In der vorliegenden 5. Auflage werden die so erhobenen und kritisch gesichteten Erfahrungsberichte und erfahrungsbasierten Therapiekonzepte in übersichtlich geordneter Form publiziert. Die Onkologin Dr. Marion Debus verfasste zu jeder Tumorentität eine knapp gefasste inhaltliche Einleitung einschließlich aktueller Referenzen. Bereits 2017 in der 4. Auflage wurde erstmals ein Grundlagenkapitel zur Misteltherapie in der Onkologie (einschl. einer Übersicht zu klinischen Studien und Fragen der Sicherheit) auf Deutsch und 2019 auf Englisch publiziert, das für die vorliegende Auflage auf den neuesten Stand (2024) aktualisiert wurde.

Eine detaillierte Beschreibung zu Material und Methodik findet sich in Hamre HJ et al. Systematik ärztlicher Anwendungserfahrungen mit Arzneimitteln aus ganzheitlichen Therapiesystemen: Eine deskriptive Analyse des Vademecum Anthroposophische Arzneimittel. Der Merkurstab 2021;74(3):261-272. https://www.anthromedics.org/DMS-21362-DE.

Inhaltlich wurden alle Indikationen komplett durchgearbeitet und aktualisiert. Eine Reihe von Indikationen, die sich in der Praxis nicht als hinreichend tragfähig erwiesen haben bzw. Arzneimittel betrafen, die nicht mehr verfügbar sind, sind in dieser 5. Auflage nicht mehr enthalten. Dem stehen zahlreiche neue Indikationen sowie in noch erheblicherem Umfang Bestätigungen und Präzisierungen bestehender Indikationen durch berichtende Ärztinnen und Ärzte gegenüber.

Die Zahl der berichtenden Ärztinnen und Ärzte, deren Berichte hier veröffentlicht werden, stieg in der 5. Auflage auf 360 aus 21 Ländern. Ihre Namen finden die Leser (soweit die Kolleginnen und Kollegen mit ihrer Nennung einverstanden waren) als Kürzel bei den Indikationen und im Volltext in der Liste der Autoren ab Seite 21.

Alle veröffentlichten Indikationen haben durch die Bearbeitung seitens der Redaktion ihre jetzt vorliegende Form erhalten, mehrere Berichte zu einem Arzneimittel wurden zusammengefasst. Besonders wichtig war es der Redaktion, zu ausgewählten Arzneimitteln zusammenfassende Leitgedanken zu formulieren, die eine leitende therapeutische Orientierung – auch bei einer Vielfalt von Indikationen – ermöglichen und dem Leser den Zugang zur Indikationsstellung erleichtern. Die vorliegende 5. Auflage enthält insgesamt 181 solche Leitgedanken.

Hinsichtlich der Evidenz der Wirksamkeit eines Arzneimittels nahm die Redaktion folgende Unterscheidung vor:

  • Blau hinterlegt sind diejenigen Indikationen, die heute in der Anthroposophischen Medizin hinsichtlich der Evidenz der beobachteten Wirksamkeit, des Verbreitungsgrades ihrer Anwendung als Standardtherapie, als eine gesicherte Indikation des Arzneimittels gelten können.
  • Normal gedruckt erscheinen alle Indikationen, die sich aus redaktioneller Sicht auf eine von qualifizierten Kolleginnen und Kollegen ausreichend breit beobachtete Wirksamkeit stützen können. Bei diesen erhofft die Redaktion, dass durch weitere Berichte an die Redaktion eine Sicherung, ggf. eine genauere Charakterisierung ermöglicht wird. Gerade der erfolgreiche Nachvollzug genannter Indikationen durch andere Kolleginnen und Kollegen kann bei ausreichender Evidenz die Einstufung als Standardtherapie, als gesicherte therapeutische Indikation in einer späteren Auflage rechtfertigen. Erste Beispiele für dieses „upgrading“ fanden sich bereits in der 2. Auflage.
  • Im Feld Bemerkungen finden Leserinnen und Leser ggf. einen Hinweis, wenn die jeweils betroffene Indikation einer weiteren Überprüfung, Bestätigung, Modifikation oder ggf. auch Falsifikation bedarf, weil der jetzt publizierte ärztliche Kenntnisstand noch nicht ausreichend ist. Von diesen Indikationen kann in besonderem Maße die Anregung ausgehen, sie in der eigenen therapeutischen Praxis selbst zu prüfen. Die Redaktion hofft hier auf lebhafte Beteiligung der Leserinnen und Leser!

Die Mitglieder der Redaktion

Die Redaktion gedenkt dankbar des früh verstorbenen Kollegen Dr. Ludger Simon (1957–2016). Das Vademecum verdankt seiner umfassenden ärztlichen Erfahrung und seinem Wissen Wesentliches. Neben zahlreichen Beiträgen vor allem auf dem Gebiet der Rheumatologie hat er das Kapitel zu den Grundlagen anthroposophischer Arzneitherapie verfasst und an wichtigen Leitgedanken mitgewirkt.

An der 5. Auflage wirkten redaktionell elf Kolleginnen und Kollegen aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und Brasilien mit. Neben der umfangreichen gemeinsamen Redaktionsarbeit widmete sich jedes Redaktionsmitglied noch weiteren Aufgaben im Rahmen des Gesamtprojekts:

  • Andreas Arendt, Facharzt für Allgemeinmedizin in Liestal (Schweiz) Vorstandsmitglied der Vereinigung anthroposophisch orientierter Ärzte der Schweiz (VAOAS). Er sammelte und prüfte die zahlreichen Beiträge der anthroposophischen Ärzte aus der Schweiz vor dem Hintergrund einer breiten allgemeinmedizinischen Erfahrung und Kenntnis der pharmazeutischen Prozesse in der Anthroposophischen Medizin.
  • Marion Debus, Fachärztin für Innere Medizin und Hämato-Onkologie, leitete bis 2023 die onkologische Abteilung der Klinik Arlesheim (Schweiz). Seit September 2023 ist sie neben ihrer klinischen Tätigkeit schwerpunktmäßig in der Leitung der Medizinischen Sektion der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft am Goetheanum (Schweiz). Für die Fachzeitschrift für Anthroposophische Medizin „Der Merkurstab“ arbeitet sie als Redakteurin. Mit ihrer großen onkologischen Erfahrung hat sie für diese Auflage alle Einleitungen zur Anwendung anthroposophischer Mistelpräparate in der Onkologie verfasst und gemeinsam mit Johannes Gutsch die Fallberichte und erfahrungsbasierten Therapiekonzepte kritisch gesichtet, gegebenenfalls kommentiert und in übersichtlicher Form angeordnet. Darüber hinaus stammen von ihr wesentliche Beiträge zum Kapitel Grundlagen der onkologischen Misteltherapie.
  • Lydia Garnitschnig, Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Wien, Österreich, verdankt die Redaktion neben ihrer Mitarbeit in einem immer wichtiger werdenden Fachgebiet das komplette, sorgfältige Lektorat der 5. Auflage des Vademecums. Mit gleicher Sorgfalt und Gründlichkeit hat sie 2024 von Markus Karutz die Zuständigkeit für alle ärztlichen Einträge in die Datenbank des Vademecums übernommen.
  • Johannes Gutsch, Facharzt für Innere Medizin und Hämato-Onkologie, war langjährig im Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke als Hämato-Onkologe tätig und ist jetzt im Ruhestand. Er hat sich intensiv um die redaktionelle Bearbeitung der Erfahrungsberichte zur onkologischen Misteltherapie gekümmert und gemeinsam mit Marion Debus in der Redaktion schwerpunktmäßig onkologische Fragestellungen bearbeitet.
  • Markus Karutz, Facharzt für Innere Medizin, war bis 2021 allgemeinärztlich tätig in Köln. Neben seiner großen allgemeinmedizinischen Erfahrung verdankt die Redaktion ihm Wesentliches in der Organisation ihrer Arbeit. Er hat sämtliche erhobene Daten in die Datenbank übertragen, ebenso viele weitere, von ihm und anderen vorgenommene Bearbeitungs- und Korrekturvorgänge. Ihm verdankt dieses Werk Entscheidendes für sein Zustandekommen und seine Qualität.
  • Angela Kuck, Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, leitete bis September 2017 die Abteilung für Frauenheilkunde und Geburtshilfe im Paracelsus-Spital in Richterswil (Schweiz) und ist seither fachärztlich in Zürich tätig. Sie arbeitet als Vertreterin der aktiven Facharztgruppe anthroposophischer Frauenärzte in der Redaktion mit. Ihr verdankt das Werk die Prüfung und Ergänzung der gynäkologischen Indikationen und wichtige eigene Beiträge auf diesem Feld.
  • Reinhard Schwarz, Kinderarzt in Graz (Österreich), langjähriger ehemaliger Vorstand der Gesellschaft für Anthroposophische Medizin in Österreich (GAMÖ), ist mit den kinderärztlichen Kollegen in der Redaktion für das breite Feld pädiatrischer Indikationen tätig. Er hat selbst zahlreiche wertvolle Beiträge auf diesem Feld verfasst. Das Vademecum verdankt ihm die umfangreichste Bibliographie anthroposophischer Arzneimittel. Für die 5. Auflage hat er darüber hinaus eine übersichtliche Gliederung der gesammelten Literaturangaben zu Viscum album erarbeitet.
  • Mathias Sauer, Facharzt für Innere Medizin, war bis 2023 als leitender Arzt am Paracelsus-Krankenhaus Unterlengenhardt tätig. Neben seinen Tätigkeitsschwerpunkten Gastroenterologie und Rheumatologie befasste er sich intensiv mit kardiologischen Fragestellungen. Er verfügt über eine außerordentlich differenzierte Arzneimittelkenntnis im Bereich der klinischen Inneren Medizin. Das Vademecum verdankt ihm wesentliche Originalbeiträge.
  • Georg Soldner, Kinderarzt in München, leitete bis 2023 die Akademie Anthroposophische Medizin der Gesellschaft Anthroposophischer Ärztinnen und Ärzte in Deutschland (GAÄD) und 2016 bis 2023 gemeinsam mit Matthias Girke die Medizinische Sektion der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft am Goetheanum (Schweiz). Er ist Mitglied der Kommission C für anthroposophische Arzneimittel am BfArM, der deutschen Zulassungsbehörde für Arzneimittel. Ihm oblag neben der redaktionellen Mitarbeit die organisatorische Verantwortung für das Gesamtprojekt.
  • Markus Sommer, Arzt mit neurologisch/onkologischem Praxisschwerpunkt, ist ein durch umfangreiche wissenschaftliche Publikationen ausgewiesener Experte der anthroposophischen Arzneimitteltherapie. Seinem Wissen verdankt die Redaktion Entscheidendes für die Qualität der Arbeit. Er hat wichtige Indikationen anthroposophischer Arzneimittel als Erster beschrieben, das Werk verdankt ihm hier wesentliche Originalbeiträge. Gleiches gilt für seine Mitarbeit und Beiträge zum Grundlagenkapitel der onkologischen Misteltherapie. Er erarbeitete das durchgreifend systematisierte Indikationsverzeichnis. Darüber hinaus verdankt das Werk ihm und seiner Frau Anne Sommer-Solheim die meisten der über 230 fotografischen Abbildungen der 5. Auflage.

Paolo Volkmann, Allgemeinarzt mit breiter allgemeinmedizinischer und onkologischer Erfahrung in Porte Alegre (Brasilien) ist Arzneimittelexperte der brasilianischen Fachgesellschaft anthroposophischer Ärzte und arbeitete an der 4. und 5. Auflage des Vademecums mit. Ihm verdankt die Redaktion die Einbeziehung der therapeutischen Erfahrung brasilianischer Kollegen.

Gunver Kienle, Redakteurin des Deutschen Ärzteblatts in Köln, arbeitete von 2009 bis 2016 vom Institut für angewandte Erkenntnistheorie und medizinische Methodologie (IFAEMM) in Freiburg/Breisgau aus im Team der Vademecum-Redaktion mit. Sie leitete die wissenschaftliche Befragung anthroposophischer Ärztinnen und Ärzte, die als Experten der Misteltherapie in der Onkologie gelten. Ihre Recherche bildete eine wesentliche Grundlage für die Aufnahme von Erfahrungsberichten zur Misteltherapie bei onkologischer Indikation in das Vademecum. Sie hat maßgeblich am Grundlagenkapitel der onkologischen Misteltherapie mitgearbeitet.

Karl-Reinhard Kummer, Kinderarzt in Berlin, war als pädiatrischer Facharzt bis 2016 in der Redaktion tätig, verfasste auch selbst zahlreiche Vademecum-Beiträge und arbeitete mit Reinhard Schwarz zusammen in der Literaturrecherche.

Wem gehört das Vademecum?

Das Vademecum anthroposophische Arzneimittel publiziert wertvolles therapeutisches Wissen anthroposophischer Ärztinnen und Ärzte. Es ermöglicht damit einen kritischen Dialog zur Wirksamkeit dieser Arzneimittel (Bestätigung/Relativierung/Präzisierung von Indikationen durch clinical judgement in der klinischen und ärztlichen Praxis und gegebenenfalls durch davon angeregte klinische Studien/Einzelfallstudien). Es erscheint als Supplement der Fachzeitschrift für Anthroposophische Medizin „Der Merkurstab“. Alle Rechte verbleiben damit in der Hand der Herausgeber, der Medizinischen Sektion der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft am Goetheanum (Dornach/Schweiz) und der Gesellschaft Anthroposophischer Ärztinnen und Ärzte in Deutschland (GAÄD) als gemeinnützig anerkannter wissenschaftlicher Fachgesellschaft.

Die Redaktion arbeitet ehrenamtlich und frei von Interessenkonflikten. Damit ist für jede mitwirkende Ärztin und jeden mitwirkenden Arzt sowie für jeden eingesandten Bericht eine saubere Dokumentation und sachbezogene Bearbeitung durch die Redaktion gesichert. Alle Daten bleiben langfristig für die anthroposophische Ärzteschaft verfügbar, die redaktionelle Bearbeitung wird transparent dokumentiert.