Vorwort zur fünften Auflage
Wo können Sie in Praxis, Klinik oder Studium Aktuelles zu den Arzneimitteln der Anthroposophischen Medizin nachlesen? Das Vademecum Anthroposophische Arzneimittel gibt darauf eine Antwort, die auf breiter ärztlicher Erfahrung beruht. Wir freuen uns, Ihnen dieses Werk hiermit in fünfter, überarbeiteter und erweiterter Auflage an die Hand geben zu können.
Der Vademecum-Prozess
Dem Vademecum liegt eine unabhängige, von Interessenkonflikten freie, internationale Zusammenarbeit anthroposophischer Ärztinnen und Ärzte zugrunde. Der „Vademecum-Prozess“, so wie in der Grafik auf S. 10 veranschaulicht, ist mittlerweile gelebte Realität.
Der kontinuierliche Austausch therapeutischer Erfahrungen überwindet Sprachbarrieren und bezieht anthroposophische Ärztinnen und Ärzte weltweit ein. Dies ist Grundlage und notwendige Voraussetzung dafür, dass die Therapie mit anthroposophischen Arzneimitteln international auf dem bestmöglichen aktuellen Stand des Wissens ausgeübt werden kann. Die schriftliche Aufbereitung ärztlicher Erfahrung, ihre Sichtung und fachliche Begutachtung durch eine herstellerunabhängige Redaktion, die sich aus Expertinnen und Experten unterschiedlicher Fachgebiete (z.B. Innere Medizin, Onkologie, Pädiatrie, Gynäkologie, Allgemeinmedizin) zusammensetzt, ermöglicht dabei ein hohes Maß an Verlässlichkeit.
Was bietet die 5. Auflage Neues?
Die Zahl der berichtenden Ärztinnen und Ärzte ist mit dieser Neuauflage von 274 auf 360 aus 21 Ländern – gestiegen. Es wurden rund 460 neue Einsendungen berücksichtigt. Von großer Bedeutung sind ferner die notwendigen, vollständig erfolgten Anpassungen in Hinsicht auf die reduzierten Sortimente verfügbarer Fertigarzneimittel und die andererseits gewachsenen Möglichkeiten einer magistralen Verschreibung anthroposophischer Arzneimittel. Überdies wurden alle Abschnitte des Vademecums auf den aktuellen Stand des Wissens in der Medizin aktualisiert. Dies gilt in besonderer Weise für die Onkologie und die anthroposophische Misteltherapie.
Die Neuerungen im Überblick:
- Die 5. Auflage enthält 110 neue Indikationen. Damit steigt die Gesamtzahl der Indikationen auf 1.976 von 678 anthroposophischen Arzneimitteln. Sie beruhen auf klinischer, in einem Review-Verfahren geprüfter ärztlicher Erfahrung in Praxis und Klinik. Ergänzt werden sie durch die in Deutschland zugelassenen Indikationen dieser Arzneimittel, die sich durchgängig auf dokumentierte ärztliche Erfahrung und Anwendungsbeobachtungen sowie teilweise auf klinische Studien stützen.
- Zahlreiche weitere Indikationen wurden aufgrund der Einsendungen von der Redaktion überarbeitet und präzisiert.
- Die von der Redaktion formulierten Leitgedanken zu anthroposophischen Arzneimittelgruppen, die Ihnen einen zusammenfassenden Zugang zu wesentlichen Charakteristika der jeweiligen Arzneimittel eröffnen, sind mit der vorliegenden Neuauflage auf insgesamt 181 angewachsen.
- Alle Angaben zu anthroposophischen Arzneimitteln und Dosierungsempfehlungen wurden aufwändig und komplett überarbeitet. Die anthroposophischen Arzneimittelhersteller WALA und WELEDA haben ihre Sortimente an Fertigarzneimitteln in den letzten Jahren bedeutend eingeschränkt. Dabei handelt es sich um Streichungen von Einzelsubstanzen, von erhältlichen Potenzierungsstufen, von bestimmten Darreichungsformen, die Umstellung z.B. von Verreibungen auf Tabletten, die zum Teil auch erst angekündigt, aber noch nicht umgesetzt wurden. In diesen Fällen wird auf beide Darreichungsformen hingewiesen.
- Entsprechend mehr Berücksichtigung finden anthroposophische Arzneimittel, die von Apotheken magistral hergestellt werden können und damit für eine individualisierte Therapie weiter verfügbar sind.
- Die redaktionelle Überarbeitung hat auch dazu geführt, dass in dieser Auflage 31 – meist selten gebrauchte – Arzneimittel und insgesamt 95 Indikationen aus früheren Auflagen nicht mehr enthalten sind, weil die entsprechenden Fertigarzneimittel gestrichen wurden und in diesen Fällen (z.B. Organpräparate) keine magistralen Alternativen zur Verfügung stehen. In einigen Fällen werden therapeutisch gleichwertige, weiterhin verfügbare anthroposophische Kompositionsmittel genannt (z.B. Tendo/Allium cepa comp. anstelle von Vaginae synoviales tendinum bei Sehnenerkrankungen). Auf die Nennung einiger homöopathischer Einzelmittel mit homöopathischer Ratio aus früheren Auflagen wird in dieser Auflage verzichtet.
- Systematische Register zu Arzneimitteln und Indikationen erleichtern den Zugriff.
- Mehr als 230 ausgewählte Fotografien von wichtigen Ausgangssubstanzen von Arzneimitteln (Mineralien, Metalle, Pflanzen, Tiere) erhöhen die Anschaulichkeit der Darstellung.
- In der systematischen Darstellung der Grundlagen Anthroposophischer Arzneitherapie wurde das Unterkapitel zu den Wirkprinzipien Anthroposophischer Arzneimittel neu gefasst.
- Die Darstellung der Grundlagen und Anwendungsmöglichkeiten der Misteltherapie in der Onkologie wurde in mehreren Unterkapiteln aktualisiert, beispielsweise die Begleitbehandlung onkologisch erkrankter Patientinnen und Patienten, die Anwendung von Mistelpräparaten bei hämato-onkologischen Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter sowie das Kapitel zu klinischen Studien zur onkologischen Misteltherapie.
- Die Darstellung der einzelnen onkologischen Indikationsgebiete anthroposophischer Mistelpräparate wurde grundlegend überarbeitet, übersichtlich gegliedert und jeweils mit kurzen Einleitungstexten versehen.
- Erfasst wurden zahlreiche neue Referenzen zu anthroposophischen Arzneimitteln. Die 4. Auflage enthielt 18.468. Die 5. Auflage führt in der elektronischen Ausgabe (siehe unten) 24.280 Literaturhinweise auf. Die Verlinkung der Referenzen ermöglicht den raschen Zugriff auf Publikationen in medizinischen Fachzeitschriften. Die angegebene Literatur, die von Primärquellen bis zu aktuellen Studien reicht, enthält wertvolle Hinweise zur Ratio, zu Ausgangssubstanzen und zur Herstellung der Arzneimittel und ergänzt das Spektrum der Indikationen des Vademecums. Sie stellt die größte publizierte Bibliografie zu anthroposophischen Arzneimitteln dar, die wissenschaftlichen Ansprüchen genügt. Die umfangreichen Literaturangaben zur onkologischen Anwendung von Viscum album sind in der Neuauflage den jeweiligen Tumorentitäten übersichtlich zugeordnet.
- Alle Adressen und Websites von anthroposophischen Ärztegesellschaften, pharmazeutischen Berufsverbänden, Arzneimittelherstellern und Apotheken für Rezepturarzneimittel wurden aktualisiert.
Layout, Ausgabeformen und die neue Web-App
Die fünfte Auflage bedeutet nicht nur inhaltlich, sondern auch im Layout und der elektronischen Verfügbarkeit des Vademecums einen neuen Schritt.
- Das Drucklayout wurde in Anlehnung an das 2022 publizierte Pocket-Vademecum im lesefreundlichen Vierfarben-Offsetdruck gestaltet, der auch die Einbindung von Farbfotografien ermöglicht.
- Mit großem Aufwand konnte die elektronische Darstellung des Vademecums auf unterschiedlichen mobilen Endgeräten neu entwickelt und optimiert werden.
- Die 5. Auflage wird erstmals 1 : 1 auf der Website www.vademecum.org und als Web-App publiziert, die eine optimale Darstellung und Navigation auf unterschiedlichen Bildschirmgrößen ermöglicht. Die Nutzung auf dem Smartphone, z.B. im Rahmen eines Hausbesuchs oder unterwegs, ist ebenso möglich wie das Arbeiten am großen Bildschirm.
- Auf der Website und in der App werden unter den Arzneimittelgruppen – im Unterschied zur Buchausgabe – auch die Literaturnachweise veröffentlicht.
- Die Darstellung als – jeweils zitierfähige – Website ermöglicht in den kommenden Jahren eine raschere, ggf. jährliche Anpassung und Weiterentwicklung des Vademecums in Form webbasierter Neuauflagen.
- Die Nutzung der elektronischen, webbasierten Darstellung benötigt in Zukunft ein entsprechendes Jahresabonnement. Ein erstes Jahresabonnement ist im Kaufpreis des Buches inbegriffen.
- Das Vademecum kann mit seinem Inhaltsverzeichnis, den Überschriften und den Literaturnachweisen künftig auch in Suchmaschinen gefunden werden. Der Inhalt der Indikationen und Grundlagenkapitel bleibt den Käuferinnen und Käufern respektive Abonnentinnen und Abonnenten vorbehalten.
Ihre Mitarbeit ist willkommen!
Das Vademecum ist darauf angelegt, sich im Dialog von Ärztinnen und Ärzten mit der Redaktion kontinuierlich weiterzuentwickeln. Es bietet allen Leserinnen und Lesern Gelegenheit zur Mitarbeit (siehe Grafik auf S. 10. Erfahrungsberichte zu neu erfassten Indikationen, die Bestätigung bzw. kritische Prüfung, Präzisierung oder Korrektur von bereits veröffentlichten Indikationen werden von der Redaktion gesichtet und fließen entsprechend in die Neuauflage mit ein. Für Ihr Feedback bitten wir Sie, vorzugsweise die Vademecum-App zu nutzen. Damit können Sie bequem „per Knopfdruck“
- zu jeder Indikation eines Arzneimittels eine Rückmeldung geben (in Ihrer Erfahrung wirksam/nicht wirksam oder weitere Kommentare/Präzisierungen), indem Sie auf Ihrem Bildschirm die Funktion „Feedback“ direkt unter der jeweiligen Indikation wählen
- zu jeder Arzneimittelgruppe eine neue Indikation mitteilen, indem Sie oberhalb der ersten Indikation des Arzneimittels auf Ihrem Bildschirm die Funktion „Neuer Bericht“ wählen. Diese Möglichkeit können Sie von jedem Endgerät (PC, Tablet, Mobiltelefon) nutzen.
Wollen Sie uns in Form einer kurzen Fallvignette mitteilen, welche Wirkung eines (einzelnen) anthroposophischen Arzneimittels Sie bei einem Patienten/einer Patientin beobachtet haben, nutzen Sie bitte den dafür entwickelten, einfach auszufüllenden Fragebogen. Diesen finden Sie im Internet unter www.vademecum.org/case-report. Solche Fallvignetten auf der Basis eines strukturierten Fragebogens sind für das Vademecum von großem Wert!
Zur Mitarbeit sind daher alle Kolleginnen und Kollegen herzlich eingeladen, die
- mit einem anthroposophischen Arzneimittel eine so gereifte therapeutische Erfahrung gewonnen haben, dass sie eine Indikation dieses Mittels und die dabei zu erwartende Wirksamkeit beschreiben sowie Dosierung und Kriterien zur Beurteilung des Therapieerfolgs mitteilen können,
- mit ihrem Bericht eine bereits publizierte Arzneimittelindikation erweitern oder präzisieren können (besonders wertvoll sind differenzierte Hinweise zur Anwendung im Kindesalter),
- aufgrund eigener Erfahrung kritisch berichten können über eine fehlende oder unzuverlässige Wirksamkeit oder unerwünschte Nebenwirkungen von anthroposophischen (bereits in diesem Werk enthaltenen oder bisher noch nicht bearbeiteten) Arzneimitteln,
- in der jeweils aktuellen Auflage des Vademecums bereits aufgeführte Indikationen bestätigen können.
Für alle diese Fälle kann man die Web-App nutzen.
Danksagung
Danken möchte die Redaktion allen Kolleginnen und Kollegen, die Berichte eingesandt haben. Sie alle sind Mitautorinnen und Mitautoren dieses Werkes und leisten einen wesentlichen Beitrag im Sinne der Patientinnen und Patienten!
Ebenso gebührt unser Dank allen Ko-Autorinnen und -Autoren der Grundlagenkapitel, unter anderem Dr. Gunver Kienle, Dr. Mónica Mennet-von Eiff, Prof. Alfred Längler, Prof. Tycho Zuzak, Dr. Wilfried Tröger. Jakob Marti (Interleave GmbH) verdanken wir die Entwicklung und Realisierung der Vademecum-Datenbank sowie vielfältige Tätigkeiten in der Projektsteuerung, Organisation des Arbeitsablaufes bis hin zu Korrekturarbeiten und der technischen Erstellung der Druckvorlage. Für die konzeptuelle Entwicklung und Umsetzung der digitalen webbasierten Darstellung danken wir Jakob Marti, Michael Koschorreck (E-Public GmbH), Martin Ische (Antweiler und Ische GbR) und Christine Lange (Studio für Gestaltung) sowie den Stiftungen, die uns diesen Schritt materiell ermöglicht haben.
Christine Lange danken wir für die kompetente Neugestaltung des Drucklayouts, Anne Sommer-Solheim und Markus Sommer für ihre Fotografien von Mineralien, Metallen, Heilpflanzen und aus dem Tierreich, die sie dem Werk zur Verfügung gestellt haben. Dieser Dank gilt auch allen anderen, die dem Werk eigene Fotografien zum Abdruck überlassen haben. Dr. Lydia Garnitschnig sei herzlich gedankt für das gründliche Lektorat, Dr. Markus Karutz für die umfangreichen Datenbankarbeiten, Dr. Reinhard Schwarz für die aufwändige Recherche der Literaturnachweise.
Als Redaktion hoffen wir, dass dieses Vademecum von Kolleginnen und Kollegen in der Behandlung ihrer Patientinnen und Patienten als hilfreicher Begleiter erlebt wird und der Strom der Zusendungen von Erfahrungsberichten, Bestätigungen und kritischen Rückmeldungen zu anthroposophischen Arzneimitteln weiter anhalten wird.
Schließlich möchten wir alle Leserinnen und Leser noch darauf hinweisen, dass Sie unter der gemeinsamen Website www.vademecum.org auch den Zugang zum webbasierten Vademecum Äußere Anwendungen in der Anthroposophischen Medizin finden – eine wichtige therapeutische Ergänzung der Arzneimitteltherapie!
Im Namen der Redaktion
Georg Soldner
München, August 2024